Angriff auf Galapagos

Ecuador schlägt Alarm weil eine riesige Fangflotte aus China seit Wochen die Gewässer rund um die Galapagosinseln plündert. Besonders haben es die Chinesen offenbar auf gefährdete Haie abgesehen. Die Südamerikaner wollen deswegen die Schutzzone um das Archipel ausweiten.

Ein deutliches Zeichen sind die Plastikflaschen, die jetzt an die Küsten des Galapagos-Archipels angespült werden, einem der letzten Naturparadiese der Welt. An ihren Etiketten ist zu erkennen, wo sie produziert wurden. In China. Es scheint auch klar zu sein, wie sie auf die Inseln vor Ecuador gelangt sind. Die Besatzungen einer riesigen Fischfangflotte aus 265 chinesischen Schiffen haben sie ins Meer geworfen. Ihre Flotte plündert derzeit regelrecht die biologisch bedeutenden Gewässer vor dem Archipel.

Ecuadors Marine hatte die Schiffe bereits Mitte Juli entdeckt, Satellitendaten über internationale Schiffswege (die sich auf www.marinetraffic.com verfolgen lassen) belegen die Angaben.

Es ist nicht das erste Mal, dass eine chinesische Fangflotte in den Gewässern vor Galapagos auftaucht, aber so groß war bislang noch keine. Gemeinsam funktionieren die Schiffe wie eine schwimmende Fabrik. Neben den Trawlern sind Schiffe zur Weiterverarbeitung der Fische, zur Kühlung und zur Versorgung der Besatzungen dabei.

Die Gewässer vor dem Galapagos-Archipel, das Charles Darwin einst zu seiner Evolutionstheorie inspirierte und heute Unesco-Weltnaturerbe ist, sind extrem artenreich. Es gibt hier zahlreiche Meeresschildkröten, Delfine und Pottwale sowie eine der größten Konzentrationen von Haiarten der Welt. Darunter sind bedrohte Hammerhaie und Walhaie, die größten Fische der Welt.

Bereits Ende Mai verschwand ein berühmter Walhai vor Galapagos. Das junge Weibchen von sieben Meter Länge trug den Namen Esperanza (Hoffnung) und war von Biologen mit einem Sender ausgestattet worden. Man wollte verstehen, welche Rolle das Galapagos-Archipel für die Tiere spielt, da es ihr einziger bekannter Gebärort ist. Die Daten, die der Sender kurz vor seinem Verschwinden aussandte (ein plötzliches klares Signal für 30 Minuten und eine Geschwindigkeit, die das Tier nicht erreichen kann) legen nahe, dass der Wal gefangen wurde; und zwar just in der Zone, die regelmäßig von chinesischen Trawlern aufgesucht wird.

Der Verwaltungschef der Galapagosinseln, Norman Wray, twitterte, dass er davon ausgehe, dass ein chinesischer Trawler Esperanza getötet habe. Die Chinesen schätzen die gefährdeten Walhaie, aus deren Öl sie Kosmetik und Naturmedizin herstellen. Ihre Haut wird zu Leder verarbeitet und ihre Flossen dienen als Suppenzutat.

Ecuadors Regierung hat nun Alarm geschlagen. Verteidigungsminister Oswaldo Jarrín sagte, dass man die chinesische Flotte genau beobachten werde. Jeder Verstoß gegen internationale Regeln werde streng geahndet. Die Regierung in Quito will nun versuchen, die maritime Schutzzone rund um Galapagos vergrößern. Sie beträgt derzeit 300 Kilometer und lässt damit einen Korridor zum ecuadorianischen Festland offen. Diesen nutzen die chinesischen Fischfänger, die exakt an den Grenzen zur ecuadorianischen Hoheitszone operieren und damit nicht das internationale Seerecht brechen. Für viele Meeresspezies stellt genau diese Zone eine wichtige Migrationsroute dar.

Ecuadors Regierung möchte nun die Schutzzone auf 560 Kilometer ausweiten und den Korridor schließen. Die ehemalige Umweltministerin Yolanda Kakabadse regte ein gemeinsames maritimes Schutzgebiet mit den nordöstlichen Galapagos-Anrainern, Kolumbien, Panama und Costa Rica an.

Ecuadors Präsident Lenín Moreno will außerdem mit den Regierungen der südlichen Pazifik-Anrainer Peru und Chile sprechen, um eine gemeinsame Antwort auf die „Bedrohung“ zu formulieren. Er bezeichnete das Galapágos-Archipel als „eine der großen Brutstätten des Lebens auf dem Planeten“. Es sei wichtig für die Biodiversität und zur Gewährleistung der Ernährungssicherheit. Aber Ecuador werde von internationalen Großflotten geradezu angegriffen.

Welchen Schaden diese anrichten können, wurde schon 2017 deutlich, als Ecuadors Marine ein chinesisches Schiff aufbrachte, das in die Galapagos-Schutzzone eingedrungen war. Die Fu Yuan Yu Leng 999 hatte 300 Tonnen Fische geladen, darunter 6000 Haie. Man fand gefährdete Spezies wie Hammerhaie und Großaugen-Fuchshaie. Der Kapitän des Schiffs wurde anschließend in Ecuador zu vier Jahren Gefängnis verurteilt, drei Offiziere bekamen je drei Jahre Haft.

Aber nicht nur China, das die weltweit größte kommerzielle Fischfangflotte unterhält, plündert die Meere. Auch Japan, Taiwan, Südkorea, Kanada, Norwegen und Spanien unterhalten große Flotten, die vor den Küsten ärmerer Länder in Afrika, Asien und Lateinamerika auf Fangfahrt gehen. Allerdings fallen die Chinesen öfter negativ auf.

Das Magazin „Science Advances“ hat diesen Juli einen Report veröffentlicht über eine riesige chinesische Flotte, die immer wieder unter Bruch internationaler Vereinbarungen vor den Küsten Nordkoreas auf Kalmar-Fangfahrt geht und Hunderttausende Tonnen der Tiere aus dem Meer holt. Ihr Wert beträgt Hunderte Millionen von Dollars. Die Flotte soll aus 900 industriellen Schiffen bestehen, die oft keine Daten über ihre Positionen senden. Es werden auch Schiffe mit Scheinwerferwänden eingesetzt, die das Meer wie ein Stadion erhellen und die Kalmare massenhaft anlocken.

Die chinesische Führung äußerte sich weder zu diesen Anschuldigungen noch nimmt das Land Stellung zu seiner Flotte vor dem Galapagos-Archipel. Sie lässt einfach weiter ihre Netze auswerfen.